Montag, 8. April 2013

Ya tenemos Presidente, tenemos a Rafael!


Bevorstehende Präsidentschaftswahlen in Ecuador. Leider habe ich mich mit diesem Thema zu wenig beschäftigt, um wirklich ausführlich und detailliert darüber berichten zu können, doch ein Ereignis möchte ich Euch nicht vorenthalten: Es war der 30. Januar 2013, ein gewöhnlicher  Mittwoch im Dorf. Die Ankündigung, dass Rafael Correa, der amtierende Präsident Ecuadors nach Alausí, einem Städtchen ca. 20 Minuten südlich von Tixán, kommt, um dort offiziell einen neuen Bahnhof zu eröffnen, und nebenbei reichlich Wahlwerbung zu veranstalten, hatte sich verbreitet wie ein Lauffeuer. Um nach Alausí zu kommen, fährt man auf der Panamericana an meinem Dorf Tixán vorbei, und so musste es schließlich auch El Presidente tun. Meinem Gastvater, einem scheinbar feurigen Correa Anhänger, war die Vorfreude auf das Ereignis den ganzen Tag schon anzumerken, es war, als freue sich ein Kind auf das Christkind, damit es endlich Geschenke auspacken konnte.

Rasant verbreitete sich am Abend plötzlich die Meldung, dass der Präsident in wenigen Minuten Tixán passieren werde. Das ganze Dorf war in Aufruhr und fuhr oder rannte den Berg hinauf, in Richtung der Panamericana.
Als wir mit unserem Kleinbus, mit dem mein Gastvater jeden Tag dutzende Kinder zur Schule nach Alausí fährt, in einem affenzahn durch Tixán gerast sind und etliche Menschen, die dem Spektakel beiwohnen wollten, von der Straße aufgesammelt hatten, kamen wir schließlich oben an, wo bereits geschätzte 50 Leute rufend und Fahnen schwingend am Straßenrand standen. Dann ging alles ganz schnell: Zuerst einige Polizeimotorräder, die die Straße räumten, dann ein oder zwei andere Fahrzeuge und plötzlich lief die Menschenmenge, wie von einem Magneten angezogen, auf einen Punkt zu. Ich näherte mich diesem Punkt und ehe ich mich versah, stand ich direkt neben dem Präsidenten von Ecuador, der doch tatsächlich ausgestiegen war und sich direkt unter die euphorische Menschenmenge gemischt hatte. Geschupse, Gedränge, und dazwischen der Sicherheitsdienst, der vergeblich versuchte, die Menschen wenigstens ein bisschen auf Distanz zu halten. Ich verstand diese ganze Situation nicht, musste lachen und wurde einfach vom Strom der Menschen mitgerissen.

Die Panamericana vor Tixán
 


Dass ich aus der Menschenmasse herausstach, war kein Wunder, da mir die meisten in meinem Dorf nur bis zur Brust oder den Schultern gehen; doch das daraus resultierte, dass mich der Präsident zu sich winkte, um mit mir zu reden, verwirrte mich dann doch ein wenig. Nach einem kurzen Smalltalk und einigen Flüchen, die ich meiner Kamera zuwarf, weil sie fast eine Minute lang kein Foto von uns machen wollte und  ich den ganzen Laden damit vermochte alleine aufzuhalten, weil ich und der Präsident tatsächlich 45 Sekunden lang dort lächelnd in die Linse starrten und sich nichts tat, war der ganze Spuk auch wieder vorbei. Er verabschiedete sich nach rund vier Minuten wieder in Richtung Alausí, mit dem Aufruf, die Menschen sollten ihm dorthin folgen. Und das taten sie. Eine Kolonne von 40 oder 50 Autos schlossen sich dem Präsidenten an und wir, mit meinem kurz vor dem Delirium stehenden Vater am Steuer, natürlich mit von der Partie! Dass daraus über kurz oder lang ein gigantischer Stau auf der einspurigen Panamericana entstehen musste, war abzusehen und bewahrheitete sich schnell. Doch durch etliche Schleichwege und scheinbar nicht enden wollende Umwege schafften wir es dann doch irgendwie, vorbei an den wartenden Autos, ins Zentrum von Alausí. Es war die Hölle los, die Stadt schien förmlich platzen zu wollen, es gab kein Vor oder Zurück mehr. Die Halle, in der sich Rafael Correa eingefunden hatte, war, sofern man nicht schon vor dem Eingang zerquetscht wurde, für jedermann zugänglich und die Menschen sangen, feierten und lauschten begeistert den Worten ihres Halbgottes.

Und dann hats doch geklappt




Auch mein Ghetto-Bruder ist in giftgrün gekleidet

Auch der Almödi schwenkt die Fahne

Ein kleiner Linktipp: Mirja, eine Freiwillige aus Otavalo, hat sich etwas ausführlicher mit dem Thema Präsidentschaftswahlen auseinandergesetzt. Wer Interesse hat: http://sinneswandeln.weebly.com/1/post/2013/02/ya-tenemos-presidente.html


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