Sylvester! Damit konnotiere ich Bleigießen, mit voll aufgedrehter Heizung vorm Fernseher sitzen, um das gefühlte 385 Mal „Dinner for one“ zu schauen und sich dann, in dicke Winterkleidung eingehüllt und durch den Schnee stapfend auf zum Rhein zu machen, wo einen eine grandiose Sicht auf das durch Feuerwerke beleuchtete Köln und unseren Dom erwartet.
Doch nun bin ich in Ecuador, es ist der 29. Dezember 2012, und ich sitze, von der Sonne geblendet, auf der Ladefläche eines Pick-Ups und fahre durch die Anden in Richtung Küste, Puerto Lopez.
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Von Riobamba nach Guayaquil |
Angekommen, aufgewacht. Wo? Ich spüre Wärme und frischen Wind, es ist noch früh (sechs Uhr morgens wie sich bald herausstellen sollte) und da setzt sich ein amselgoßer schwarzer Vogel neben mich ans Bett und brüllt mir ins Ohr, als sei er meine Mutter, die mich zu motivieren versucht, endlich aufzustehen, da es ja schon so spät sei, und außerdem müsse ich ja noch mein Zimmer aufräumen und sowieso… Auch wildes Armefuchteln half nichts (ebenso wenig wie früher bei meiner Mutter) und so hatte ich von nun an die nächsten 5 Tage für sechs Uhr morgens einen unfreiwillig zuverlässigen Wecker. Ursache des ganzen Spaßes war, dass ich mit Judith, einer Mitbewohnerin in Riobamba, bei einem Couchsurfer untergekommen war, der in Eigenregie ein drittes Stockwerk aus Holz auf sein Haus am Meer gebaut hatte, das jedoch noch keine Fenster hatte, sodass Vögel ein häufiger Gast waren. Doch der morgendliche Blick aufs Meer war paradiesisch, besser, als jedes Hostal, das ich mir hätte vorstellen können.
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Unser Haus oben rechts |
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Blick vom Bett... |
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...bis zum Meer |
So saßen wir also in unserem Strandhaus, grübelten über das Leben und genossen es ebenso, bis zum 31. Dezember, dem Tag vor der Silvesternacht. Wir fuhren alle zusammen nach Montañita, einem Turiort, ca. 1,5h südlich von Puerto Lopez, da es dort einer der größten Silvesterpartys des Landes geben sollte, was sich nach wenigen Sekunden bestätigte. Die Straßen waren voll, die Diskos umso voller, doch sich zum und durch den Strand zu kämpfen, war die größte Aufgabe. Es regnete in Strömen, doch das veranlasste die Leute nicht, sich in ihrer Feierlaune zu bremsen, sondern, fast schon aus Trotz, wurde nun auf der Straße getanzt, gesungen und gelacht. Es war wie ein Freudenrausch, an dem JEDER einzelne teilnahm und so diese unverwechselbare Stimmung erzeugte. Ich ging durch die Straßen und fühlte mich wie in einem Film, es war einzigartig! Kurz vor Mitternacht machten wir uns auf zum Strand.
Neujahr, frohes neues Jahr 2013!
Ich stehe mit Jonas, einem Freund aus Otavalo, am Strand. Hinter uns das Meer, in das dutzende Menschen trotz Eiseskälte reinspringen und vor uns ein atemberaubendes Szenario. Traditionell werden in Ecuador kaum Silvesterraketen in die Luft gejagt, sondern Muñecos verbrannt. Diese Muñecos sind mit Feuerwerkskörpern gefüllte Puppen, die manchmal Berühmtheiten, manchmal aber auch nur Spongebob oder Homer Simpson abbilden. Und so geschah es, das tausende von Menschen auf dem Strand vor uns standen und wie Wilde um ca. 10 Meter hohe knallende Feuer tanzten, sie sich über den ganzen Strand verteilten. Dazu einzelne Feuerwerkskörper und singende, kreischende, lachende und weinende Menschen um einen herum. Es hätte der Weltuntergang sein können, doch es war großartig!
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Der Strand |
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Des is sooooo romandisch |
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