Beginnend mit diesem Eintrag werde ich versuchen, diesen Blog, vom chronologischen Aufzählen aller Geschehnisse, hin zu einem ereignis-, bzw. themenbezogenen Blog umzugestalten!
Thema heute: Schule.
Meine Haupttätigkeit hier in Ecuador besteht, wie Ihr vermutlich alle wisst, aus dem Englischunterricht, den ich in Tixán und Llallanag in den Grundschulen erteile. Dabei unterrichte ich jeweils die Klassen vier bis sieben, mit jeweils 18 bis 25 Schülern. Hauptsächlich besteht der Unterricht aus Spielen und einfachen Vokabeln, wie Zahlen, Farben, Tieren oder Alltagsphrasen.
Meine erste Unterrichtswoche war eine einzige Katastrophe: Nicht nur, dass ich kein einziges Wort spanisch konnte, nein, durch meine Passivität in der Vorwoche, in der ich lediglich hospitiert hatte, war meine Autorität futsch und damit ein Unterrichtsfluss unmöglich! Mein einziges Ziel bestand darin, möglichst schnell und unbeschadet aus diesem Klassenraum zu verschwinden, ohne Tote oder Verletzte. Denn wer sich eine Klassenatmosphäre wie in Deutschland vorstellt, der irrt gewaltig: Ständig springen die Schüler von Tischen oder Bänken. Wenn ich mich für 20 Sekunden umdrehe, um etwas an Tafel zu schreiben, und dann wieder in Richtung Klasse schaue, liegen plötzlich 7 Kinder auf dem Boden aufeinander. Auf die Frage, was sie dort täten, wissen auch sie keine Antwort, worauf sich ein achtes Kind auf den Haufen vor der Tafel stürzt.
Mir war bereits bewusst, dass konstruktives und organisiertes Lernen quasi ein Ding der Unmöglichkeit sei, dennoch kann ich es mir bisweilen teilweise nicht verkneifen, an der Grundintelligenz einiger Schüler zu zweifeln, wenn sie es noch nicht einmal hinbekommen, innerhalb von 15 Minuten acht Wörter fehlerfrei von der Tafel abzuschreiben.
Trotzdem gibt es auch genügend Momente, in denen ich sehr glücklich und zufrieden bin! Wenn ich über den Marktplatz in Tixán laufe, oder beispielsweise morgens die Schule betrete und alle kleineren Kinder, „Linito, Linito“ schreiend, auf mich zugelaufen kommen, kann ich mir ein herzhaftes, glückliches Lachen meist nicht verkneifen. Generell gestaltet sich das Fortkommen innerhalb des Schulgebäudes sehr schwierig, denn sich ständig mit einer Traube von 10 Kindern um einen herum fortzubewegen, die alle etwas anderes schreien, ist gar nicht mal so einfach!
In Ecuador herrscht definitiv ein anderes Verhältnis zwischen Lehrern und Schülern: Wenn Lehrer die Klasse verlassen, werden sie umarmt und ihnen wird etwas zu essen geschenkt. Zudem werden die Lehrer mit dem Vornamen angesprochen, trotzdem jedoch gesiezt. Auch das Verhältnis zwischen Lehrern und Eltern ist ein anderes, oft kennen sich die beiden Parteien sehr gut und laden sich gegenseitig zum Essen ein, oder treffen sich auch nur so, um ein bisschen zu quatschen oder zu lästern.
Sehr, wenn auch ungewollt, amüsant, sind alltägliche Situationen mit den Kindern: Zum einen die teilweise sehr kreativen und extraordinären Fragen, wie zum Beispiel, ob Amerika auf einem anderen Planeten liegt (ich konnte mir ein „in gewisser Weise schon“ leider nicht verkneifen), oder die Namen der Kinder. Wenn in einer Klasse Jesus, Transit und Dyson (wie der Staubsauger), in der nächsten Edison, Stalin und Franklin und in einer Klasse eines anderen Volontärs Lenin und Gandhi nebeneinander sitzen, kann man sich ein Schmunzeln einfach nicht verkneifen!
Ein weiteres, wirklich interessantes, Event in unserer Schule war der Besuch des Supervisors, also die Aufsichtsperson aller Lehrer, entsandt vom Schulministerium vor circa drei Wochen. Noch nie habe ich beobachten können, wie eigentlich erwachsene Lehrer zu einem gigantischen Haufen von Schleimern und Nutznießern verkommen können – was für ein Spektakel! Getoppt wurde sein Auftritt nur davon, dass er sich dabei auch noch extrem wichtig und geil gefühlt hat, mit arrogantem Gang über den Schulhof stolzierte und schließlich, mit mir im Arm liegend, Fotos machte – gegen die Sonne versteht sich!
Meine Schule in Tixán |
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