Dienstag, 11. Dezember 2012
Der Alltag und das Glück
Nun, nach vier Monaten, ist es doch mal an der Zeit für einen kleinen Einblick in meinen Alltag, fernab von aufregenden Reisen und Urlaubsberichten.
Von Riobamba fahre ich montagmittags los, umgeben von vier schneebedeckten Vulkanen, durchquere auf dem Weg in mein Dorf anderthalbstunden lang Gebirgsketten und unterschiedlichste Wetterphänomene. Angekommen im Dorf, Menschen lächeln mich an, grüßen mich, und mein Hund kommt auf mich zugelaufen, um mich unter freudigem Jaulen anzuspringen um mich, wohin auch immer ich gehen mag, auf Schritt und Tritt zu begleiten. Zuhause sitze ich auf meinem Bett, umgeben von einer Mischung aus Unruhe, schreienden, spielenden und rennenden Kindern, daneben das eindringliche Lachen meines Gastvaters und das noch eindringlichere Weinen meines dreijährigen Gastbruders.
Nachdem wir um acht Uhr alle still im Bett liegen und auch auf der Straße sich nur noch vereinzelt Straßenhunde herumtreiben, habe ich nun endlich Ruhe – bis zum nächsten Morgen zumindest. Ein paar Lieder auf meinem I-Pod gehört und dann heißt es die 10 Stunden Schlaf zu genießen, bis morgens um sechs der Wecker klingelt. Und da ist sie wieder, die unermüdliche Hektik, die Ruhe verfliegt.
Was für ein Luxus: Auf dem Küchentisch stehen eine frische heiße Milch, ein Obstsalat mit Kokosjoghurt und dazu Cholas, mit Honig gefüllte Brötchen; „Oder möchtest Du noch ein Rührei dazu, Linito?“. Nein danke, keine Zeit, Schule beginnt ja schon in wenigen Minuten.
Pünktlich zum Morgenapell trete ich durchs Schultor, den ganzen Weg über begleiten mich meine Schulkinder und fragen, wann sie denn endlich wieder Englischunterricht haben, wo ich war und warum ich diesen neuen Hut auf meinem Kopf trage.
Im Unterricht ein schwingendes Pendel zwischen Freude und Verzweiflung. Die dünne Holzwand, die zwei Klassenräume voneinander trennt, hält kaum das niemals endende Gebrülle des Klassenlehrers der dritten Jahrgangsstufe ab. „Kinder, hierher gehört!“. Kann denn von der Tafel abschreiben so schwierig sein? „Und warum wälzt ihr euch schon wieder auf dem Boden?“. Aber nur ruhig Lino, die Kinder geben ja ihr Bestes, also nochmal erklären. Und eben noch einmal. Erwartungen runterschrauben, wir sind hier nicht in Deutschland, wo Kinder von ihren Eltern zu Hause in schulischen Angelegenheiten unterstützt werden oder wo viele bereits im Kindergarten gelernt haben, still und konzentriert auf einem Stuhl zu sitzen. Also was verlangst Du, Lino, hier überhaupt von Acht- bis Elfjährigen. Und dann plötzlich, ganz unerwartet ist es da, der Erfolg, das Wissen, etwas erreicht zu haben, ja, das Glück, hier sein zu dürfen.
Danke an alle, die mir diese Geschichten ermöglichen zu erzählen!
Und ein ganz besonderer Dank an meine Mama, die IMMER für mich da ist!
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Hallo liebster cousin :-) ich verfolge von begin an ganz gespannt deinen blog und muss sagen echt wahnsinn was du alles schon in der kurzen zeit erlebt hast :-) ein bisschen neidisch kann man da schon werden vor allen bei der wunderschönen landschaft die dich das ganze jahr umgibt und bei den ganzen tollen dingen die du erlbest, ich gönn es dir sehr und wünsche dir auch weiterhin noch viel.spass und tolle erlebnisse in equador :-).was macht dein spanisch inzwischen eigtl ? Ansonsten sollen deine wünsche in erfüllung gehen.gaaaaaanz liebe grüsse deine allerliebste lieblingscousine lena :-D
AntwortenLöschenlosfahren und nicht zu wissen ob man ankommt, um dann zu erleben das in den Herzen der Menschen am anderen Ende der Welt noch Platz für dich ist. Die Vorstellung der großer Retter zu sein verblasst und man begreift die Begenung ist viel wichtiger und so einfach, wenn man sich darauf einlässt.
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